Karrierethemen

Mehrere Menschen fügen Puzzle-Teile zusammen
Employer-Branding-Managerinnen und -Manager müssen eng mit Marketing, Kommunikation, IT und anderen zusammenarbeiten. Foto: IMAGO / Pond5 Images
Employer Branding Trends

Kein Employer Branding ohne Teamwork

Employer Branding professionalisiert sich weiter und wird zum Treiber von Kollaboration. Best-Practice-Beispiele zeigen, welchen Weg große Unternehmen gehen.

Employer-Branding-Strategien haben für eine wachsende Zahl von Unternehmen längst nichts mehr mit ein paar originellen „We want you“-Anzeigen und besonders witzigen Social Media Posts zu tun. Im Gegenteil: Die Zunft professionalisiert sich rapide, die Trends im Employer Branding sind so vielfältig wie im klassischen Marketing – und auch die Buzzword-Dichte nimmt in dieser speziellen Disziplin des HR-Managements immer mehr zu.

Prächtig beobachten lässt sich das einerseits an der Fülle neuer Employer-Branding-Kampagnen. Andererseits daran, dass Employer-Branding-Managerinnen und -Manager zunehmend aus der Nische im eigenen Unternehmen herauskommen und eng mit den Teams aus Marketing, Kommunikation, IT und anderen zusammenarbeiten.

Employer Branding wird so zum Treiber von Kollaboration. Ein ganz klarer Megatrend in der noch recht jungen Disziplin. Oder, wie es Commerzbank-Managerin Sofia Strabis auf der Gravity 2024, einer Fachtagung über Employer Branding, die Mitte April in Berlin stattfand, kürzlich so schön sagte: „Employer Branding ist kein closed shop“. Aber dazu später mehr.

Beispiel BNP Paribas

Eva Voss, Head of Diversity, Inclusion and People Care BNP Paribas, sagt: „Employer Branding darf nicht länger aus dem Bauch heraus gemacht werden.“ Voss bricht eine Lanze für exaktes Zielgruppenmanagement wie es im klassischen Marketing längst Usus ist. Wie alle anderen Marketingkampagnen auch, so Voss, brauche der Aufbau einer konsistenten Arbeitgebermarke im ersten Schritt die intensive Auseinandersetzung mit und das Wissen über die avisierten Zielgruppen. „Die schönste Kampagne bringt nichts, wenn sie haarscharf an der Zielgruppe vorbei geht“, so Voss.

Als Beispiel nennt die Managerin, die auch als Co-Chair bei der Charta der Vielfalt engagiert ist, die Diversitätsmerkmale soziale und ethnische Herkunft, die beide derzeit nicht unbedingt im Fokus des Employer-Branding-Managements stünden: „Wer nicht ganz genau weiß, wie etwa das Merkmal soziale Herkunft die Bedürfnisse dieser Zielgruppen definiert und wie diese deshalb angesprochen werden wollen, läuft Gefahr, einen riesengroßen Talentpool von vorneherein zu verschließen.“


“Erfolgreiches Employer Branding besteht nur zu 20 Prozent aus Außenmarketing und zu 80 Prozent aus Kulturarbeit nach innen.”

– Eva Voss, Head of Diversity, Inclusion and People Care, BNP Paribas

Voss‘ Ansicht nach müssten beispielsweise nicht für jede Stelle Bewerbungsschreiben verlangt werden, die mit kostenintensiven Fotos bestückt seien. „Viele Jobs brauchen das doch gar nicht.“ Auch tradierte Vorurteile, in der EB-Branche besser bekannt als menschliche Bias, müssten dringend überdacht und abgeschafft werden. Denn eine der größten Hürden bei der Adressierung von Vielfalt sei das Leugnen von Ungleichheit im beruflichen wie gesellschaftlichen Kontext, so Voss.

Dabei hat sie die Erfahrung gemacht, dass gerade das Merkmal soziale Herkunft in internen Diskussionen manchmal mehr Türen und Köpfe öffnen kann, als beispielsweise das Merkmal Gendergerechtigkeit. „Wer das Frauenthema vielleicht nicht mehr hören kann, ist für das Thema soziale Herkunft oft deutlich empfänglicher“, sagt Voss. Wer Akzeptanz für zielgruppengerechtes Employer Branding aufbauen wolle, müsse deshalb zunächst intern neue Anknüpfungspunkte suchen. Erfolgreiches Employer Branding bestehe nur zu 20 Prozent aus Außenmarketing und zu 80 Prozent aus Kulturarbeit nach innen. „Bis wir intern ein solides Plateau aufgebaut hatten, auf dem wir heute aufsetzen können, hat es allein zwei Jahre gedauert“, so Voss. Und der gesamte interne Veränderungsprozess brauche „sicher sechs bis acht Jahre.“

Beispiel Commerzbank

So viel Zeit hatte die Commerzbank nicht. Im Gegenteil. Nach Krisenjahren, inklusive heftigem Personalabbau, musste sich der Konzern zuletzt im Eiltempo nahezu neu erfinden. Nicht nur, aber auch als Arbeitgebermarke. Sabine Mlnarsky, die im Dezember 2022 als neue Personalvorständin bei der Commerzbank anheuerte, war in ihrer Ansage an Human Resources Management und Employer Branding ziemlich unmissverständlich. „Binnen kürzester Zeit mussten wir eine komplett neue Arbeitgeberkampagne aus dem Hut zaubern“, erinnert sich Sofia Strabis, Head of Diversity & Inclusion, Health and Employer Branding.

Zwei Leitplanken standen ziemlich schnell fest: Die neue Arbeitgeberkampagne sollte auf der neuen Markenkampagne aufsetzen und die EVP (Employee Value Proposition) in ein neues, deutlich flexibleres Arbeitgeberversprechen übersetzt werden. „Die EVP darf bei uns heute flexibel sein“, sagt Strabis. Das Ziel der Commerzbank: Maximale Freiheit für alle Mitarbeitenden. Daraus haben Strabis und ihr Team schließlich eine Arbeitgeberkampagne entwickelt, in deren Mittelpunkt Videos mit Mitarbeitenden der Commerzbank stehen. Die besondere und – für die Commerzbank ziemlich ungewöhnliche – Herangehensweise: Gemäß der neuen EVP hatten die Mitarbeitenden am Set „maximale Freiheit, was sie in den Videos wie sagen“, betont Strabis.


Eine wirksame Arbeitgebermarke und eine darauf aufbauende zielgruppengerechte Arbeitgeberkampagne ist für alle im Unternehmen erfolgskritisch.

– Sofia Strabis, Head of Diversity & Inclusion, Health and Employer Branding, Commerzbank

Allein auf Facebook haben die so entstandenen Videos in kürzester Zeit 800.000 rein organische Impressionen erzielt. Mittlerweile ist #FacesOfCommerzbank zu einer kanalübergreifenden Arbeitgeberkampagne angewachsen, gedauert hat die Entwicklung nur rund sechs Monate.

Das wichtigste Learning auch für Strabis lautet: Kollaboration. „Langfristig funktioniert das alles nur miteinander und nur dann, wenn alle internen Stakeholder involviert sind.“ Dass das jedoch nicht immer einfach ist, hat auch Strabis gelernt. Sie sagt rückblickend: „Ich kann jeden verstehen, der sagt, es sei schwer, alle internen Stakeholder von Employer Branding zu überzeugen.“ Doch letztlich sei eine wirksame Arbeitgebermarke und eine darauf aufbauende zielgruppengerechte Arbeitgeberkampagne „für alle im Unternehmen erfolgskritisch“.

Seit ein paar Tagen ist übrigens die zweite Staffel der Mitarbeitervideos im Kasten. Managerin Strabis schreibt dazu auf LinkedIn: „Wir hatten Menschen vor der Kamera, die über ihre Arbeit gesprochen haben. Voller Stolz. Commitment für den Arbeitgeber. Bock auf Wachstum, Mut, Weiterentwicklung, Veränderungsbereitschaft.“

Beispiel Aida

Als Arbeitgebermarke neu erfinden musste sich nach einer Krise auch Aida. Nach Ende der Coronapandemie musste der Kreuzfahrtanbieter binnen sechs Monaten rund 8500 neue Mitarbeitende finden. Sofie Kruse, die als Senior Manager Talent Attraction & Sourcing seit 2022 die Verantwortung für die Arbeitgebermarke bei Aida hat, drehte die bisherige Kampagne komplett auf Links. „Wir wechselten vom Ich zum Wir“, so Kruse, „denn durch intensive Beschäftigung mit unseren Zielgruppen haben wir festgestellt, dass die Selbstverwirklichung gar nicht mehr der wichtigste Treiber für sie ist.“

Viel wichtiger sei ihnen das Dazugehören: „Belonging ist das, was die Menschen bei einem Unternehmen hält.“ Für viele Mitarbeitende, gerade für jene, die an Bord arbeiten, sei Aida tatsächlich „eine Art Ersatzfamilie“. Seit gut einem Jahr heißt die neue Aida Arbeitgebermarke folgerichtig nicht mehr #FindYourStory, sondern #PlaceToWe.

Auch Kruse setzt bei der Kampagnenentwicklung voll auf Kollaboration. „Wir haben die neue Kampagne zu unserem gemeinsamen Projekt gemacht“, so Kruse. Beteiligt waren neben dem Employer Branding unter anderem das Brandmarketing, die Aida Flotte, HR-Marketing und HR-Training & Experience sowie das Social Media Team. Kruses wichtigste Learnings: 1. Bedarfe erkennen, 2. Befürworter finden, 3. Ressourcen mobilisieren.

Wie beim klassischen Marketing eben.

Anja Sturm
Die Fachautorin gehört zum Redaktionsteam der Career Pioneer. Seit mehr als 20 Jahren ist sie als Journalistin auf Marketing, Medien, New Work und Diversity spezialisiert. Sie war stellvertretende Chefredakteurin bei HORIZONT, bevor sie 2014 entschied, sich mit einem Redaktionsbüro selbständig zu machen. Seither schreibt sie für divers Wirtschafts- und Fachmedien, moderiert auf Fachkongressen und liebt es, als Dozentin junge Menschen für die Medienbranche zu begeistern.
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