Karrierethemen

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Green Recruiting

So wird die Jobwelt grüner

Nachhaltigkeit fängt bei den Mitarbeitenden an – und hört beim Employer Branding längst nicht auf.

Immer mehr grüne Jobs, immer mehr grün handelnde Mitarbeitende. Für die meisten Unternehmen ist dieses Ziel längst gesetzt. Doch die Wege dorthin sind individuell. Das zeigte eine Veranstaltung aus der „Green Works“-Reihe der dfv Mediengruppe mit Kerstin Wagner (Deutsche Bahn) und Maike Pfennig (Kern-Liebers), die Ende September stattfand.

Fast wirkt Kerstin Wagner selbst ein wenig überrascht, als sie sagt: „Wir haben jetzt tatsächlich den ersten zertifizierten Biberberater.“ Die Executive Vice President Talent Acquisition der Deutschen Bahn belegt damit eindrücklich, wie sehr sich die vom Konzern formulierte Grüne Transformation auch auf die gesuchten Jobqualifikationen und damit auf den gesamten HR-Bereich der Deutschen Bahn auswirkt. So stellt die Bahn jetzt beispielsweise immer mehr Biolog:innen, Forstwirt:innen und Geograf:innen ein, um ihre selbst ernannten Ziele in Klimaschutz, Naturschutz, Ressourcenschutz und Lärmschutz voranzutreiben.

Wie viele „grüne Jobs“ genau der Konzern neuerdings zu vergeben hat, kann Wagner jedoch auch auf Nachfrage von Talk-Moderatorin Alexandra Leibfried, Redaktionsleiterin Career Pioneer, nicht beziffern. Nur so viel: „Die Zahl der offenen Stellen in diesem Bereich hat deutlich zugenommen.“ Wagners Ziel ist es schlichtweg alle Beschäftigten ein bisschen grüner zu machen. „Bei uns trägt jeder Job zu aktivem Klimaschutz bei“, glaubt die Personalexpertin. 25.000 Mitarbeitende will die Deutsche Bahn in diesem Jahr insgesamt an Bord holen, sie alle sollen in ihrer Tätigkeit die Grüne Transformation unterstützen. „Bei uns trägt jeder Job zu aktivem Klimaschutz bei“, so die Personalexpertin. Die DB betreue bundesweit mehr als 38.000 Projekte im Natur- und Artenschutz und es gebe 19.300 Lokführerinnen und Lokführer, die im energiesparenden Fahren geschult seien.

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Kerstin Wagner, Executive Vice President Talent Acquisition der Deutschen Bahn Foto: Deutsche Bahn

Grüne Haltung des Arbeitgebers wird jobrelevanter

Genau deshalb ist es für Wagner wichtig, Mittel und Wege zu finden, um das Thema Nachhaltigkeit in den Köpfen aller Mitarbeitenden zu verankern – bei den bereits vorhandenen ebenso wie bei den künftigen. Green Empowerment nennt das die Deutsche Bahn oder auch – für alle, die neue Wortschöpfungen mögen – Greencruiting. Denn natürlich weiß auch Wagner: „Für junge Talente ist Nachhaltigkeit in den vergangenen Jahren zu einem ganz großen Thema geworden.“ Tatsächlich hat eine aktuelle Umfrage der Europäischen Investitionsbank (EIB), die vergangene Woche veröffentlicht wurde, gerade erst ergeben, dass für 81 Prozent der 20- bis 29-Jährigen in Deutschland die Haltung eines potenziellen Arbeitgebers zum Klima ein wichtiges Entscheidungskriterium sei. Wer als Arbeitgeber attraktiv bleiben will, sollte dieses Wissen beim Employer Branding zu nutzen.

Für die Bahn gilt das umso mehr: Angesichts von Fachkräftemangel im Allgemeinen und rund 100.000 neu zu besetzenden Bahnstellen im Besonderen muss der Konzern in Puncto Arbeitgebermarke und Nachhaltigkeit kräftig liefern. Die vielgepriesene neue Employer Branding-Kampagne „Was ist Dir wichtig?“ ist hierfür das bislang deutlichste Signal. Ansonsten gilt: Viele kleine und größere Schritte machen, neue Ideen ausprobieren, und wenn es funktioniert, möglichst viel darüber reden – nach innen wie nach außen. Ein kleiner Schritt ist beispielsweise, dass die Bahn im vergangenen Jahr für jeden neu eingestellten Mitarbeitenden einen Baum gepflanzt hat: 28.000, um genau zu sein. Ein mittelgroßer Schritt ist das neue Trainieeprogramm Nachhaltigkeit, das die Deutsche Bahn seit Februar 2023 erstmals und zunächst als Pilotprojekt anbietet. Vier Ziele verfolgt Personalvorständin Wagner mit dem Programm: Kompetenzaufbau, Programmsteuerung, Netzwerken und Recruiting. Letzteres hat auf jeden Fall schon mal geklappt: 423 junge Menschen haben sich für das 18-monatige Traineeprogramm beworben, ein Dutzend von ihnen steht seither neu auf der Payroll des Konzerns. Für ein Pilotprojekt eine durchaus gute Zahl.

Gezieltes Upskilling, passendes Mindset

Laut Moderatorin Leibfried sind es genau diese Dinge, die „eine riesengroße Chance“ sowohl für Unternehmen als auch für junge Talente bieten. „Immer öfter werden grüne Skills in Stellenanzeigen aufgeführt, es entstehen neue grüne Jobs und das grüne Weiterbildungsangebot wächst ebenso“, betont die Redaktionsleiterin. Gerade bei fach- und bereichsübergreifenden Themen wie Nachhaltigkeit sei zudem Upskilling ein erfolgsversprechendes HR-Konzept. Zumal das Mindset der entsprechenden Arbeitnehmenden als Einstellungskriterium oft entscheidender sei als das Fachwissen. Kerstin Wagner sieht es ähnlich. Außer Fach-Knowhow nennt sie Softskills wie Flexibilität und „die Liebe zum Change“ als wichtige Fähigkeiten neuer, grün denkender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Man muss schon bereit sein, immer wieder neues zu denken und Neuland zu entdecken“, so Wagner.

Gerade an letzterem beißt sich Maike Pfennig derweil immer mal wieder die Zähne aus. Sie ist Nachhaltigkeitsexpertin beim schwäbischen Mittelständler Kern-Liebers und trägt den offiziellen Titel Senior Vice President Organizational Development & Strategy. Ebenso wie Bahn-Personalchein Kerstin Wagner hat sie die Aufgabe, grüne Themen in den Köpfen aller Mitarbeitenden zu verankern – und scheint verglichen mit ihr doch auf einem anderen Nachhaltigkeitsplaneten zu arbeiten.

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Maike Pfennig, Senior Vice President Organizational Development & Strategy Foto: Kern-Liebers

Richtige Dosis zwischen An- und Überforderung finden

Am Hauptsitz in Schramberg/Schwarzwald hat Kern-Liebers rund 7000 Mitarbeitende, und nicht alle davon haben Klimaschutz schon aktiv auf dem Zettel. Seit November 2021 will (und muss) Maike Pfennig das nun ändern. Mit einem kleinen, aber extrem engagierten Team. „Gerade am Anfang hat es sich manchmal fast wie eine Fuck-up-Session angefühlt“, sagt Pfennig offen. Eine der wichtigsten Erkenntnisse zu Beginn sei deshalb gewesen, die Mitarbeitenden nicht zu überfordern. „Wir haben das Thema Ende 2021 mit Fullspeed ins Unternehmen gebracht und dann leider schnell die Zustimmung einiger Leute verloren.“ Heute sind sie und ihr Team um einiges schlauer – und behutsamer. Ihr Ziel: „Jeder Mitarbeitende soll ein Nachhaltigkeits-Experte werden.“ Allerdings nicht auf jedem Gebiet. Vielmehr müssten die Stärken, Schwächen und Interessen jedes und jeder einzelnen erkannt und gefördert werden. Ein weiterer „Lesson Learned“ von Pfennig: „Know your audience“. Fachbegriffe werden seither nur noch sehr wohldosiert eingesetzt und im Zweifel auch schon mal mittels Glossar erklärt. „Wir wägen genau ab, was die Leute schon wissen, um sie nicht zu überfordern.“

Entmutigen lässt sich Pfennig durch die ersten Learnings nicht. Im Gegenteil. Frei nach dem vielzitierten Nudging-Prinzip, was so viel bedeutet wie „Anstoßen“ oder „Anschubsen“, weiß auch sie inzwischen: Steter Tropfen höhlt den Stein. „Wir nutzen jede Bühne“, sagt Maike Pfennig. Und das mit sehr gezielten Aussagen. „Positives Storytelling, statt Weltuntergangsstimmung“, nennt sie es. „Wenn wir zu sehr drängen, verschrecken wir die Leute. Deshalb heben wir in der Kommunikation vor allem die positiven Aspekte hervor.“ Und zumindest darin unterscheidet sich Maike Pfennig dann doch kaum von Kerstin Wagner.

Dr. Caroline von Kretschmann leitet das Luxushotel Der Europäische Hof Heidelberg in vierter Generation. Seine Tradition reicht bis ins Jahr 1865 zurück. Sie hat einen umfassenden Transformationsprozess eingeleitet im eigenen Unternehmen mit den Schwerpunkten Nachhaltigkeit, Mitarbeiterführung und Digitalisierung. Für ihre Verdienste in der Hotellerie und ihr öffentlichen Eintreten für die Branche ist sie 2022 von der Fachzeitung ahgz mit der Auszeichnung “Hotelier des Jahres” geehrt worden.

Premiere: Career Pioneer in Kooperation mit Green Works

Erstmals hatte Career Pioneer, Experte in der dfv-Mediengruppe für HR-Managment und Karrierethemen, mit dem dfv-Verlagsbereich Green Works eine Masterclass ausgerichtet, wo sich alles um nachhaltiges Personalmanagement drehte. Akademieleiter Daniel Baumann treibt die Berichterstattung rund um die grüne Transformation in den Publikationen sowie auf den Plattformen der dfv Mediengruppe voran. Der Editorial Director Green Transformation hat zudem einen Klimaguide und vertiefende Whitepaper rund um Grüne Transformation verfasst. Der Digital Talk zu Green Recruiting fand im Rahmen der Masterclass am 26. September 2023 statt.

Mehr Informationen zu Green Works und weitere Termine der Reihe “Masterclass” sind hier nachzulesen!

Anja Sturm
Die Fachautorin gehört zum Redaktionsteam der Career Pioneer. Seit mehr als 20 Jahren ist sie als Journalistin auf Marketing, Medien, New Work und Diversity spezialisiert. Sie war stellvertretende Chefredakteurin bei HORIZONT, bevor sie 2014 entschied, sich mit einem Redaktionsbüro selbständig zu machen. Seither schreibt sie für diverse Wirtschafts- und Fachmedien, moderiert auf Fachkongressen und liebt es, als Dozentin junge Menschen für die Medien- und Kommunikationsbranche zu begeistern.
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