Karrierethemen

Rosa Riera, Geschäftsführerin von TheNextWe Foto:privat
Mindset

So lässt sich Widerstand in Transformationsprojekten auflösen

Change gelingt, wenn Menschen mitziehen – im "war for talents" zahlt sich das doppelt aus. HR-Expertin Rosa Riera: "Die Arbeitgebermarke bestimmt immer mehr die Lead-Marke!"

Transformationsprozesse können definiert und kommuniziert sein. Führung und Mitarbeitende haben theoretisch Klarheit, was geschehen wird. Und dennoch: Oft ist Sand im Getriebe. Die mentale Veränderungsbereitschaft fehlt. „Jeder Mensch hat Vorbehalte, wenn es um Veränderung geht“, weiß Rosa Riera, Co-CEO von TheNextWe mit Sitz in Berlin. „Mit Veränderungen kann beispielsweise eine Umverteilung von Status einhergehen. Oder die gewohnte Art der Führung verändert sich“, führt Riera weiter aus. In solchen Fällen machten sich Angst und Blockaden statt der Erkenntnis breit, dass sich auch Chancen ergeben können. Die HR-Expertin ist seit 1. November 2022 für das vor sechs Jahren von Insa und Klaas Klasing sowie Anke Kaupp gegründete Unternehmen tätig. Zuvor war sie bei Siemens Vice President und Teil des globalen HR-Leitungskreises. In dieser Funktion begleitete sie Transformationsprojekte und unterstützte den Kulturwandel.

Im Gespräch mit Riera kristallisiert sich schnell heraus: Wenn die Haltung der Menschen in Transformationsprojekten nicht stimmt, wird der 100-prozentige Erfolg einer nötigen und richtigen Veränderung ausbleiben. Das gilt ebenso für kleine wie für große Unternehmen. Ricola und Nestlé nennt Riera als Referenzen. TheNextWe setzt zwölf Wochen an, um mithilfe von „skalierbarem Coaching“ unternehmensweit und gleichzeitig am Mindset zu arbeiten. Eine „gewisse Schlüsselrolle“ nehmen Führungskräfte ein.

Übungen aus dem Alltag – beispielweise Feedbackkultur

In den ersten vier Woche dreht sich alles um den Ist-Zustand. „Die Frage nach dem Warum wird dabei ausgeklammert“, erläutert Riera. Dennoch schaffe man es, auch tief sitzende Vorbehalte aufzubrechen. „Wir können zwar niemanden zwingen, die Allermeisten öffnen sich jedoch dieser Methode.“ Wichtig ist ihr: „Es ist keine Psychotherapie.“ Vielmehr soll das Coaching Menschen dazu bringen, ins lösungsorientierte und eigenverantwortliche Denken zu kommen. Indem sie sich mit folgenden Fragen auseinandersetzen: Wie kann ich den Wandel mitgestalten? Wie werde ich ein aktiver Teil davon? Wie kann mich diese Veränderung bereichern? Im zweiten und dritten Monat des Coachings geht es in die Umsetzung. „Man sucht sich Übungen aus dem Arbeitsalltag oder Ziele, die in den Arbeitsalltag integriert werden.“ Ein Beispiel könnte bei Führungskräften die Feedbackkultur sein. „Man denkt, dass man regelmäßig Feedback gibt. Doch oft stellt sich heraus, dass es gar nicht so ist.“

Spannend ist, was mit Menschen passiert, wenn sie Neues ausprobieren: „Indem sie spüren, wie sich das anfühlt, entsteht eine Vertiefung des Mindsets.“ Die Resonanz ist zudem im ganzen Unternehmen spürbar, weil das viele Menschen gleichzeitig tun. Eine positive Welle für Veränderung entstand beispielsweise beim Medikamentenhersteller Pfizer, was den Kontakt mit Kundinnen und Kunden angeht. So wurden vor Corona digitale Tools für die Vertriebsorganisation eingeführt. Doch Verkäufer und Vertriebsmitarbeitende nutzten sie nicht. Sie hatten Vorbehalte, auch Ängste, den direkten Draht zu Ärzten oder Apotheken aufzugeben. „Mit Kommunikation oder Schulungen alleine kommt man nicht in die tiefen Veränderungen“, so Riera. „Durch das Coaching konnten Vorbehalte in Impulse umgewandelt werden. Dadurch hat sich die Nutzung vervielfacht.“

Coaching-Methode international anwendbar

Aktivitäten rund um das Coaching werden über eine App abgestimmt. „In der App wird alles abgewickelt – Termine, aber auch die Aufgabenstellung der Übung“, erläutert Riera. Die Gespräche selbst finden nur telefonisch statt. Der Vorteil sei, dass Äußerlichkeiten dabei keine Rolle spielten, wenn man sich nur höre und nicht sehe. Die Ansprache per Du bringt Menschen dazu, sich leichter zu öffnen – so die Praxiserfahrung. Wie viele Mitarbeitende jeweils auf einen Coach kommen, soll „industry secret“ bleiben. Auch arbeiten die Coaches je nach Größe des Auftrags an mehreren Projekten gleichzeitig, führen also Coachings in unterschiedlichen Unternehmen durch.

Um die nötige Qualifikation für die Methode mitzubringen, müssen sie mindestens 500 eigene Coachings gegeben haben. Anschließend beginnt die Schulung für das spezielle Coaching-Programm von TheNextWe. Grundsätzlich „gibt es genug Auswahl an Coaches“ für die unterschiedlichen Projekte. „Wir kennen unsere Leute sehr gut. Wenn einmal ein Match nicht funktioniert, die Chemie nicht stimmt, wird ein neuer Coach gestellt.“ Zudem betrachtet Riera als Vorteil, dass sich die Coaching-Methode international anwenden lässt. Die Themen in den Coachings sind vertraulich, allerdings identifizieren übergeordnet auch Supervisoren Themenblöcke, und TheNextWe gibt so Feedback an die Kundinnen und Kunden, wenn sie wiederkehrende Aspekte erkannt haben.

Im Vergleich zum englischsprachigen Raum steht Deutschland oder die DACH-Region noch am Anfang, was Offenheit oder Anerkennung für das Thema Mindset angeht. Über Unternehmenskultur werde mittlerweile schon sehr viel mehr geredet, sagt Riera. „Aber wo fängt alles an? Das Mindset beeinflusst unser Verhalten, so auch die Unternehmenskultur.“

In Zeiten von Fachkräftemangel spielen das Bewusstsein und die Haltung der Mitarbeitenden, vor allem der Führungskräfte, eine zunehmend wichtige Rolle. „Starke Marken kommen von innen. Mindset ist eine Verstärkung von dem, was starke Marken ohnehin machen.“ Daher ist Riera überzeugt: „Die Arbeitgebermarke bestimmt immer mehr die Lead-Marke.“ Was also Mitarbeitende nach außen tragen, über Social-Media-Portale wie LinkedIn oder an Bewertungen bei Kununu, „ist ein Spiegel des Mindsets“. Vor allem für B2B-Unternehmen sei das zunehmend relevant. Im Recruiting wiederum kann klares Mindset eine Stellenanzeige aufwerten, wenn sie zum Markenkern und demnach zur Arbeitgebermarke passende Inhalte und Benefits stimmig aufschlüsselt.

Alexandra Leibfried
Als Redaktionsleitung (V.i.S.d.P.) der Career Pioneer berichtet Alexandra Leibfried regelmäßig über HR-Management- und Karrierethemen. Ihre Artikel erscheinen in führenden Branchenzeitungen und -zeitschriften wie HORIZONT, ahgz und fvw I TravelTalk. Die Career Pioneer GmbH und Co. KG ist Spezialist für Stellenmärkte und Karriereformate innerhalb der dfv Mediengruppe.
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