Karrierethemen

Leadership

“Gute Stimmung trägt jeden Tag zur Lebensqualität bei”

Thomas Baschab arbeitet seit vielen Jahren als Mentalcoach und gibt Führungskräfte-Seminare für große Unternehmen wie Siemens, Bosch und die BASF.

Herr Baschab, ich habe Sie zuerst als Motivationstrainer betitelt. Das hat Ihnen gar nicht gefallen, warum?
Thomas Baschab: Ich bevorzuge in der Tat den Ausdruck Mentalcoach. Das andere würde ja unterstellen, dass die Menschen, die zu mir kommen und mit denen ich arbeite, nicht motiviert wären, bei dem was sie tun. Das ist natürlich Quatsch.

Sie kommen aus dem Profisport, bei Mentalitätsproblem fällt mir gleich Borussia Dortmund ein…
Ja, Edin Terzic ist sicherlich fachlich und menschlich ein sehr guter Trainer. Er hat es aber nicht geschafft, seine Mannschaft so zu befähigen, dass sie mit dem großen Druck umgehen konnte. Wenn man zu viel will, verkrampft man, ist wie gelähmt. Das ist wie eine Zwangsjacke und wirkt sich auf den ganzen Körper, den Muskeltonus und die Leistungsfähigkeit aus. Das hat man im letzten Spiel gegen Mainz ganz klar gesehen. Die Lockerheit, Geschmeidigkeit, Schnelligkeit, alles, was die Mannschaft eigentlich ausgezeichnet hat, war weg. Die Spieler konnten ja kaum mehr über den Platz laufen.

Was hätte er besser machen können?
Er hätte seine Spieler zum Beispiel daran erinnern können, aus welchem Grund sie diesen Sport machen. Nämlich weil sie es lieben, Fußball zu spielen. Nicht für den Erfolg, für einen Sieg, ein gutes Ergebnis, die Meisterschaft oder das große Geld. Besondere Leistung kommt von Leichtigkeit, und die erreiche ich nur, wenn ich Dinge aus dem richtigen Grund mache. Das aus Amerika stammende „Bigger, Better, Faster, More“ hilft an der Stelle meiner Meinung nach nicht weiter.

Wie viel davon lässt sich auf den Arbeitskontext übertragen?
Eigentlich alles, da gibt es viele Parallelen.

Deswegen coachen Sie auch Manager großer DAX-Unternehmen. Mit welchen Problemen kommen Sie zu Ihnen?
Das Problem ist häufig, dass die Unternehmen Mitarbeitende mit den besten fachlichen Qualifikationen zur Führungskraft machen. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie dafür geeignet sind oder die Ausbildung dafür haben. Oftmals sehen diese ihre Rolle noch ausschließlich darin, dass sie die Arbeit ihrer Mitarbeitenden auf Qualität überprüfen.


Wenn ich einen Mitarbeiter nicht wertschätze, darf ich ihn gar nicht erst führen. Ich werde ihn sonst nie fair behandeln.

– Thomas Baschab

Können Sie das genauer ausführen?
Dazu möchte ich Ihnen ein Beispiel geben. Ich habe mal mit einer Führungskraft zusammengearbeitet, die wollte auf die zweite Ebene aufsteigen, war mächtig von sich überzeugt und erzählte mir stolz, dass sie 16 Stunden am Tag arbeitet. Für mich zeigt er damit nur jeden Tag, dass er als Führungskraft ungeeignet ist. Weil er nicht delegieren konnte und die Arbeit am Ende selbst gemacht hat. Das ist vergleichbar mit den sogenannten Helikopter-Eltern. Damit bremse ich nur die Entwicklung, bei Kindern wie auch am Arbeitsplatz. Zumal niemand 16 Stunden am Tag produktiv arbeiten kann.

Was zeichnet eine gute Führungskraft stattdessen aus?
Das sind für mich vor allem drei Faktoren. Der erste ist Authentizität, was meint, ich darf meinen Mitarbeitenden keine Unwahrheiten auftischen. Und es gibt wirklich Führungskräfte, die bewusst Lügen erzählen. Wenn das rauskommt, das Vertrauensverhältnis ist doch nie wieder zu kitten. Die anderen beiden Punkte sind Wertschätzung und Konsequenz. Wenn ich einen Mitarbeiter nicht wertschätze, darf ich ihn gar nicht erst führen. Ich werde ihn sonst nie fair behandeln. Das gilt insbesondere für die sogenannten „Low-Performer“, da darf ich nicht nur auf Leistung und den Output schauen. Wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin sich von mir nicht wertgeschätzt fühlt, wird er zum Beispiel auch meine Konsequenz immer als Strafe empfinden. Mit Wertschätzung kann man es aus meiner Sicht nicht übertreiben.

Wie zeige ich Wertschätzung, mal von guter Bezahlung abgesehen?
Das Thema Bezahlung ist derzeit nicht mal mehr unter den Top 5 der Gründe, wieso sich Bewerber für ein Unternehmen entscheiden. An erster Stelle steht das Why, also die Sinnhaftigkeit der Arbeit. Vor den finanziellen Aspekten kommen zudem noch Dinge wie meine persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten, Life-Balance und die Kollegialität. Gute Stimmung unter den Mitarbeitenden trägt jeden Tag zur Lebensqualität bei, weil wir nun mal einen großen Teil unseres Tages mit den Arbeitskollegen verbringen.

Was können Vorgesetzte für die Kollegialität tun?
Da ist für mich Jürgen Klopp das beste Beispiel, der es geschafft hat, den gesamten Verein FC Liverpool zu verändern und zusammenrücken zu lassen. Wie hat er das gemacht? In dem er jedem Mitarbeiter und jeder Mitarbeiterin die notwendige Aufmerksamkeit schenkt. Er verlangt zum Beispiel von seinen Spielern wie Mohamed Salah, die Millionen verdienen, dass sie den Namen jedes einzelnen Mitarbeitenden des FC Liverpool kennen, auch der Reinigungskraft, die die Kabinen sauber macht. Das erdet zum einen die Spieler und zeigt den anderen Mitarbeitenden die Wertschätzung, die sie verdienen.

Thomas Baschab
Der 63-Jährige studierte Betriebspädagogik an der Universität Koblenz-Landau. Seit 1992 arbeitet er selbstständig als Mentalcoach für Spitzensportler und als und Managementtrainer. Er ist Referent und Gastdozent an verschiedenen Hochschulen, darunter die TU München, die Universität Paderborn und die FH Nürnberg. Außerdem verfasste er mehrere Bücher.

Und wenn dann doch mal schlechte Stimmung aufkommt?
Es gibt nichts Schlimmeres für ein Unternehmen, als wenn sich dort eine Jammer-Kultur entwickelt. Natürlich darf man sich auch mal ärgern und diesem auch Luft machen. Aber dann muss auch wieder gut sein, sonst entzieht ihnen das Jammern komplett die Energie für die wichtigen Dinge.

Aber wie kommt man aus dieser Situation der Unzufriedenheit wieder heraus?
Change it, leave it, love it – das meint, kann ich etwas an der Situation ändern? Falls nicht, ist es so schlimm, dass ich das Unternehmen verlassen muss oder würde dies in keinem Verhältnis zu den positiven Dingen stehen. Wenn ich die letzte Frage mit ja beantworte, dann bleibt nur noch love it und das heißt, ich muss dann mit meiner ganzen Kraft die Entscheidung mittragen.

Ist Mitarbeiterführung in Zeiten von Homeoffice und Remote Work schwieriger geworden?
Corona hat auf allen Ebenen in den Unternehmen zu Motivations- und Identitätsverlust geführt. Zudem haben wir massive Defizite festgestellt, was den Informationsfluss im Unternehmen angeht. Das liegt hauptsächlich daran, dass es durch das mobile Arbeiten sowas wie den Flurfunk nicht mehr gibt. All das zu kompensieren, macht natürlich am Ende auch die Mitarbeiterführung schwieriger.

Wie sollten Führungskräfte darauf reagieren?
Sie müssen grundsätzlich wieder mehr Zusammenkünfte und Orte der Begegnung schaffen. Das kann ein inhaltsgebundenes Meeting sein oder zwanglos. Wenn ich die Mitarbeitenden nicht mehr auf dem Flur oder in der Küche treffe, muss ich sie anrufen, zeigen, dass ich sie nicht vergessen habe und vielleicht auch mal eine private Frage stellen. Das Thema Aufmerksamkeit ist elementar für eine gute Führungskraft. Natürlich muss sich das Maß an den jeweiligen individuellen Eigenheiten orientieren. Aber gesehen werden will jeder. Ich habe mal einen jungen Fußball-Profi betreut, dessen Trainer eine ganze Saison lang nicht mit ihm gesprochen hat, weil er nicht in die Stammelf gehörte. Was macht das mit einem Nachwuchsspieler? Das geht aus meiner Sicht gar nicht.

Mareike Teuffer
Die Autorin arbeitet als Redakteurin bei der enegate GmbH. Das Fachmedium für Energiethemen gehört seit 1. Juli 2022 zur dfv Mediengruppe. Teuffer verantwortet unter anderem das Fachmagazin e|m|w.
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