Damit Beschäftigte, deren Wechselwilligkeit nach wie vor hoch ist, sich wohlfühlen, müssen Arbeitgeber ihre Attraktivität stärken. Vor allem bei der jüngeren Generation (70 Prozent) spielt das Thema “Unternehmenskultur” eine ausschlaggebende Rolle. “Auch wenn wir uns gerade mitten in einer Rezession befinden, leidet Deutschland der konjunkturellen Delle zum Trotz unter einem massiven Fachkräftemangel, der sich aufgrund des demografischen Wandels in den nächsten Jahren noch deutlich verstärken wird. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind somit das rare Gut der Zukunft”, sagt Dr. Julian Stahl, Arbeitsmarktexperte der New Work SE.
Passend zur Debatte um flexibleres Arbeiten und eine 4–Tage-Woche hat die Berliner Agentur Openers für sich einen neuen Hebel im Employer Branding entdeckt. Mitte vergangenen Jahres startete das Unternehmen ein Experiment, den sogenannten Flex Friday. Das bedeutet, dass die Belegschaft aus 32 Beschäftigten immer freitags keinen normalen Arbeitstag hat, sondern auf flexible Arbeitszeiten setzt und “on call” erreichbar ist. “„”as aktuelle Zeitgeschehen und den Wunsch unserer Angestellten nach mehr Freizeit oder auch teilweise privater Weiterbildungszeit wollen wir nicht weiter ignorieren. Nur weil die 4-Tage-Woche keine optimale Lösung für die jeweilige Branche oder das Unternehmen bildet, heißt das nicht, dass wir einfach so weiterarbeiten wie Generationen vor uns”, sagen die Geschäftsführerinnen und Co-Gründerinnen Carolin Lessoued und Kerstin Bock. Jede Person übernehme durch das Flex-Friday-Modell mehr Ownership und könne selbst entscheiden, welche Aufgaben am Freitag noch dringend erledigt werden müssten oder in die nächste Woche verlegt werden könnten. Das Gehalt bleibt gleich.
Ziel sei es zudem, ein individuelles Arbeitsumfeld zu schaffen und den Mitarbeitenden wieder mehr Kontrolle über die eigene (Arbeits-)Zeit zu geben, den Druck einer Vollzeit-Woche zu minimieren und durch mehr Freiräume die traditionelle 40-Stunden-Woche umzukrempeln. “Wir empfinden das ganz klar als unsere unternehmerische Verantwortung, ein (zeit-)gerechtes Arbeitsumfeld für alle zu schaffen”, so die zwei Geschäftsführerinnen.
Ronja Ebeling: “Das Miteinander steht im Vordergrund“
Wie wichtig es ist, Mitarbeitende an Maßnahmen für eine gute Unternehmenskultur partizipieren zu lassen, unterstreicht auch Ronja Ebeling. Die Journalistin & Buchautorin sowie Beraterin für Gen-Z-Bedürfnisse unterstreicht im Gespräch mit unserer Redaktion: “In der Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollte das Miteinander noch mehr in den Vordergrund treten.” Die junge Generation mit ihren individuellen Bedürfnissen im Blick zu haben, findet sie nach wie vor wichtig – aber “jeder Mitarbeitende ist ein Individuum mit Bedürfnissen”, so Ebeling. Für das Jahr 2024 identifiziert sie “Vereinbarkeit als wirklich großes Thema für alle – das Thema der Zukunft”. Sie betont: “Es spielen viele Faktoren eine Rolle. Natürlich geht es um Mütter und ihre Möglichkeiten, die Kinderbetreuung zu meistern – jedoch auch um Väter, die gern mehr Care-Arbeit übernehmen möchten. Zudem werden wir mit Blick auf die nächsten Jahre in eine Pflegesituation kommen, die zu einer großen gesellschaftlichen Herausforderung wird. So muss jede Branche, jeder Arbeitgeber flexible Arbeitsmodelle anbieten. Das muss klar ein Teil der Produkt- und Angebotsentwicklung sein.”
Weitere Stimmen von Expert:innen zu HR- und Employer-Branding-Trends folgen in einer losen Serie