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Transformation

10 KI-Trends für 2024

Das Jahr 2023 war das Jahr der generativen KI. Was kommt in 2024? Welche Entwicklung wird Künstliche Intelligenz vollziehen? Ein Ausblick.

Im Rückblick könnte 2023 als das Jahr gelten, das Künstlicher Intelligenz auf breiter Ebene zum Durchbruch verholfen hat. Die Veröffentlichung von ChatGPT führte zu einem völlig neuen Bewusstsein gegenüber der Technologie, die bislang nur ein Fall für IT-Nerds war. Plötzlich wurde allen klar, zu welchen Leistungen Generative KI fähig ist. Millionen Menschen befassten sich damit, Unternehmen integrierten entsprechende Tools in ihre Abläufe, jede Woche kamen neue Anwendungen auf den Markt. Doch wie wird sich Künstliche Intelligenz im Jahr 2024 entwickeln? Wird die Euphorie anhalten oder macht sich Nüchternheit breit? Wir haben uns unter KI-Expertinnen und Experten umgehört und daraus zehn wichtige Trends abgeleitet.

1. Umgang mit KI wird normal

Was alle vor wenigen Monaten noch fasziniert hat, wird künftig als selbstverständlich gelten. „KI wird immer stärker in Standardsoftware Einzug halten, die wir täglich nutzen“, sagt auch Lukas Klingholz, Leiter Cloud & KI beim Digitalverband Bitkom. „Dabei werden viele Menschen gar nicht merken, dass sie KI verwenden, etwa bei Textvorschlägen oder bei der Unterstützung einer Präsentationserstellung.“ Auch Helge Krüger, Data Business Lead bei Teads, rechnet mit einer Normalisierung im täglichen Umgang mit KI. Der emotional aufgeladene Hype werde sich auflösen, stattdessen rückt der Mehrwert von KI-Lösungen in den Fokus. Das wird sich beispielsweise auch auf die Suche im Internet auswirken. Statt einzelne Komponenten einer Frage in Google einzugeben, können selbst komplexe Fragen vollständig formuliert an Google, Bing oder Chatbots gestellt werden: Die KI wird darauf eine Antwort finden samt Quellenhinweis. Sarah Assous, Head of PMM bei Akeneo, formuliert es so: „Wir gehen davon aus, dass sich der Einsatz von KI in 2024 zu ‚AI everywhere‘ entwickeln wird.“

2. Weiter hohes Entwicklungstempo

Auch in 2024 wird das Innovationstempo anhalten, der Markt wird von immer neuen Anwendungen regelrecht geflutet werden. Die technologische Entwicklung im Bereich der generativen KI wird dynamisch voranschreiten, die Tools werden zunehmend komplexe Aufgaben übernehmen wie die Komposition von Musikstücken oder das Verfassen von Drehbüchern und Unterhaltungsliteratur. Large Language Modelle (LLM) werden in zahlreiche Produkte und Dienstleistungen integriert. „Die Integration von Multi-Modalität in KI, die die nahtlose Verbindung von Text, Bildern und Sprache ermöglicht, eröffnet neue Horizonte für Anwendungsgebiete und Use Cases“, sagt Philipp Hartman, Director of AI Strategy bei appliedAI. „Diese Fortschritte werden bereits durch Modelle wie GPT-4 und Googles Gemini angedeutet.“ Carsten Kraus, Seriengründer, Investor und KI-Experte, rechnet zudem mit einer Reihe weiterer technologischer Innovationssprünge. Die Leistungsfähigkeit der LLMs nimmt zu, neue Chips werden entwickelt, Effizienz und Rechenleistung steigen um ein Vielfaches.

3. Neue KI-Lösungen werden marktreif

Im Windschatten der LLMs dürften in 2024 auch weitere, auf anderen technischen Grundlagen basierende KI-Lösungen den Marktdurchbruch schaffen. Dazu zählt beispielsweise die Weiterentwicklung sogenannter Convolutional Neural Networks. Diese Netzwerke sind dem Aufbau der Sehrinde im menschlichen Gehirn nachempfunden. Die KI kann also immer besser sehen und Gegenstände erkennen und analysieren. Weitere wichtige Entwicklungen sind Capsule Neural Networks, Generative Adversarial Networks und Deep Reinforcement Learning. Dadurch werde ein immer besserer, genauerer und ressourcen-optimierter Einsatz von KI-basierten Anwendungen in immer mehr Industrien und Märkten, auf immer mehr Endgeräten möglich, erklärt Tom Peruzzi, Sprecher der Geschäftsführung und CTO bei Virtual Minds. Alle diese Anwendungen hätten dabei menschenähnliches Verhalten als Ziel. Die damit verbundene Entwicklung bedeutet auch: KI wird künftig nicht mehr vorrangig in kreativen Umfeldern wie Entertainment oder dem Gaming zum Einsatz kommen. Peruzzi: „Damit geht der generelle Trend hin zu Bereichen wie Health, Education und anderen Anwendungsgebieten.“

4. Investitionen steigen

Die Ausgaben für KI-Software, -Dienstleistungen und entsprechende Hardware stiegen nach Schätzungen des Bitkom in 2023 auf 6,3 Milliarden Euro. Für 2024 erwartet der Verband einen weiteren Zuwachs um 30 Prozent – der wirtschaftlichen Großwetterlage zum Trotz. „Wir werden verstärkt Investitionen in KI sehen“, betont Lukas Klingholz, immerhin würden sich die Unternehmen davon einen „Produktivitätsschub“ versprechen. Konkret geht es um Wettbewerbsvorteile, wenn Firmen mithilfe von KI ihre Kernprozesse effizienter gestalten und damit Marktanteile gewinnen. „Die Implementierung von KI-Funktionen nicht nur als technologisches Extra, sondern als integraler Bestandteil von Produkten wird zunehmend zum Erfolgsfaktor in verschiedenen Branchen“, erklärt Hartmann. Auch hier habe ChatGPT viel Vorarbeit geleistet. „Die Einführung hat vielen Unternehmen eindrucksvoll verdeutlicht, dass KI nicht nur eine abstrakte Idee, sondern real und wirkungsvoll ist.“ Verena Fink, Geschäftsführende Gesellschafterin der Beratung Woodpecker Finch, rät dazu, nicht nur in Hard- und Software, sondern auch in die Belegschaft zu investieren. „Neben den Kosten für KI-Tools, sollte auch Budget für die Qualifizierung der Mitarbeitenden eingeplant werden – die brauchen wir unbedingt, um die Tools gut zu trainieren und verantwortlich anzuwenden.“

5. Der KI-Assistent kommt

Spätestens mit dem Rollout von Microsofts Copilot wird Generative KI als Assistenzfunktion am Büroarbeitsplatz selbstverständlich. Das Tool unterstützt beim Schreiben, der Recherche, fasst E-Mails und Diskussionen zusammen und hat damit die Kraft, den Arbeitsalltag grundlegend zu verändern.  Aber auch Customer Service Bots in verschiedenen Webdiensten oder die Integration von AI-Tools in Clouddienste wie Adobe, Photoshop oder Salesforce werden dazu führen, dass KI-Assistenten als integraler Bestandteil bestehender Produkte gesehen werden. „Wir sehen KI-gesteuerte, virtuelle Assistenten, die vermehrt in Standard-Software-Produkte von global agierenden Anbietern integriert werden und dort Support.- und Servicefunktionen übernehmen“, erklärt Martin Lunow, Manager Innovation & Media Products bei esome Advertising Technologies. „Diese massenhafte Verbreitung entsprechender Systeme verfestigt nicht nur den zunehmenden Commodity-Charakter von KI, sondern bereitet auch den Weg für weitere flächendeckende Anwendungen im Consumer-Markt.“

6. Personalisierte Kundenansprache

Seit langem steht die personalisierte Ansprache der Kunden auf der Agenda im Marketing ganz oben. Doch bislang konnte diese noch nicht wirklich zufriedenstellend umgesetzt werden. Viele Experten gehen davon aus, dass KI in 2024 hier eine Wende einleiten könnte. Es gehe darum, die einzelnen Kunden und ihr Verhalten immer besser zu verstehen, sagt Kevin Li, VP of Product Strategy & Operations bei Optimizely, „Es werden sich deshalb mehr und mehr KI-Anwendungen durchsetzen, die sich mit verbraucher-zentristischer Hyperpersonalisierung befassen.“ Großes Potenzial in diesem Bereich sieht auch Paco Panconcelli, Managing Director DACH bei Channel Factory. Die Verbraucher würden zunehmend attraktive und auf sie persönlich zugeschnittene Erlebnisse und Angebote erwarten. „Deshalb werden KI-Tools boomen, die in der Lage sind, mit Hyperpersonalisierung auf verschiedene Bedürfnisse und Wünsche zu reagieren.“ Im Kommen dürften deshalb beispielsweise digitale, persönliche Einkaufsberater sein.

7. Bewusster Umgang mit Daten

Nach der ersten Euphorie und einem anfangs recht bedenkenlosen Umgang mit KI denken Unternehmen jetzt stark über Datensicherheit und Dateneigentum nach. „Die Frage nach der smarten, bewussten und abgesicherten Anwendung innovativer KI-Modell wird die wichtigste Frage werden“, prophezeit Tom Peruzzi. „Damit ist auch klar, dass der Einsatz von KI keine ausschließliche IT-Frage mehr ist. Entscheidungsinstanzen wie Geschäftsführung, Rechtsabteilung und Col. Sind hier mindestens genauso gefragt.“ Martin Lunow rechnet damit, dass Datenkontrolle ein entscheidender Wettbewerbsfaktor werden wird. Lösungen, mit denen Unternehmen die KI auf ihrem eigenen Server auszuführen können und die maßgeblichen Informationen nicht nach außen geben, werden an Akzeptanz zulegen. Sicherheit im Umgang wird zum elementaren Faktor, betont auch Bernd Vermaaten, Geschäftsführer der solute GmbH. „Darauf sollten sich Unternehmen ganz besonders vorbereiten und entsprechende Richtlinien zum sicheren Umgang mit Daten sowie dem Einsatz von KI entwickeln.“

8. Synthetischen Daten sind gefragt

Daten, zu deren Nutzung die User eingewilligt haben, werden auch künftig beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz die wertvollsten bleiben. Doch der Bedarf an synthetischen Daten wird wachsen, prognostiziert Magdalena Pawlitko, Head of Global Sales bei Piwik Pro. Dabei handelt es sich um künstlich erzeugte Daten, die mit ihrer Struktur und ihren statistschen Eigenschaften Daten imitieren, die aus realen Ereignissen gewonnen wurden. „Diese Daten sind grundsätzlich in der Lage, sensible oder personenbezogene Daten zu ersetzen“, so Pawlitko, was einen gewaltigen Hebel in der Marktforschung und bei Vorhersagen bedeuten kann. „Das stellt den gesamten Analytics-Sektor auf neue Beine, weil sich dadurch potenzielle Datenschutzbedenken zerstreuen lassen.“ Voraussetzung: Auch die Erzeugung der synthetischen Daten entspricht den geltenden Datenschutzbestimmungen.

9. Umgang mit dem EU AI Act

In diesem Zusammenhang spielen auch die Auswirkungen des EU AI Act eine wesentliche Rolle. Denn die Verordnung soll gewährleisten, dass KI-Systeme und genutzte Daten sicher sind. Unternehmen werden in 20224 prüfen müssen, inwiefern sie von dem AI Act betroffen sind und welche Maßnahmen sie gegebenenfalls ergreifen müssen. In den meisten Fällen werden sie bestimmten Transparenzpflichten erfüllen müssen. „Firmen werden sich damit auseinandersetzen, wie sie ihre Machine Learning Modelle betreiben, welche Risiken entstehen und welche Daten genutzt werden“, sagt Hartmann von appliedAI. „Kurz: Eine Professionalisierung des KI-Einsatzes ist notwendig.“ Verena Fink sieht die größte Herausforderung darin, die richtige Balance in der Umsetzung des EU AI Acts zu finden. Es gehe einerseits darum, strenge Standards für unvoreingenommene Algorithmen und die Verantwortlichkeit ihrer Entwickler zu etablieren. Andererseits aber auch darum, weiterhin Innovation zu fördern.

10. Sensibilität für ethische Fragen

Mit dem steigenden von Künstlicher Intelligenz stellen sich auch zahlreiche ethische und moralische Fragen. Arbeiten die Tools fair und diskriminierungsfrei? Sind ihre Entscheidungen nachvollziehbar? Bleiben Würde und Autonomie von Menschen gewahrt, die mit KI-Systemen interagieren? Wie sind die Verantwortlichkeiten geklärt? „Ob ein Chatbot nun die Gesundheitsberatung übernimmt oder Tipps für die Geldanlage gibt: KI muss transparent und fair sein“, unterstreicht Paco Panconcelli. KI-Tools sollten deshalb künftig von möglichst diversen Teams entwickelt werden. Das sieht Martin Lunow ganz ähnlich. „Da KI-Systeme dazu neigen, Bias zu verstärken, sollten hier Unternehmen aktiv gegensteuern, indem sie für Vielfalt in den Trainingsdaten sorgen und die Ergebnisse kontinuierlich überwachen.“

Helmut van Rinsum
Helmut van Rinsum ist Fachautor der dfv Mediengruppe, spezialisiert auf Künstliche Intelligenz. Er beliefert das Redaktionsteam der Career Pioneer GmbH und Co.KG regelmäßig mit relevanten Themen.
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